20 Jahre nach Einrichtung des US-Haftlagers Guantánamo auf Kuba erneuert Amnesty International die Forderung nach sofortiger Schließung. Mit zeitgleichen Smartmobs in mehreren deutschen Städten, darunter Berlin, Bremen, Halle und Dresden, machten Amnesty-Aktive am Samstag, den 8. Januar 2022, auf den Jahrestag der Eröffnung des Lagers am 11. Januar aufmerksam.
ZWANZIG JAHRE UNGERECHTIGKEIT
Seit 20 Jahren existiert das von der US-Regierung eingerichtete Gefangenenlager auf dem USMilitärstützpunkt in Guantánamo Bay auf Kuba. Wie ein im Dezember 2014 veröffentlichter Bericht des US-Senats offiziell anerkannte, verletzen die Vereinigten Staaten dort systematisch zahlreiche Menschenrechte und andere wesentliche Bestimmungen des Völkerrechts. Zu diesen zählen die Vereinbarungen über die Behandlung von Kriegsgefangenen, die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, das Verbot von Verschwindenlassen sowie das Verbot von Folter und jeder Form grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung.
ZWANZIG JAHRE STRAFLOSIGKEIT
Das CIA-Programm, das Folter und Misshandlung zu einem systematischen Bestandteil der Verhörmethoden in Guantánamo machte, wurde zwar vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama ausgesetzt, doch kein_e Einzige_r der Verantwortlichen wurde für seine_ihre Taten gerichtlich zur Verantwortung gezogen. Damit sendet die US-Regierung das fatale Signal, dass für Folter Verantwortliche in den USA keine juristischen Konsequenzen zu befürchten haben. Europäische Staaten hingegen wurden für die Beihilfe zur Folter vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte schon zur Verantwortung gezogen.
ZWANZIG JAHRE UND KEIN ENDE
Als US-Vizepräsident in der Regierung Barack Obamas versprach Joe Biden schon 2009, die Rechte Inhaftierter zu wahren und das Gefangenenlager Guantánamo auflösen zu wollen. Entgegen anfänglicher Ankündigungen musste die US-Regierung von Expräsident Obama jedoch Anfang 2011 eingestehen, dass die Schließung des Lagers nicht mehr auf ihrer Agenda stand. Auch die umstrittenen Militärkommissionen wurden wiedereingesetzt, die allen internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren widersprechen. Das Strafmaß dort reicht bis zur Todesstrafe. Dabei werden u. a. auch Geständnisse verwendet, die unter Folter entstanden sind. Tatsächlich wurden Gefangene genötigt, Papiere zu unterschreiben, in denen sie erklären, keine juristischen Schritte gegen die USA einzuleiten. Im Februar 2021 begann die US-Regierung zu prüfen, ob Guantánamo während der Amtszeit von US-Präsident Joe Biden geschlossen werden könnte. Der Prozess macht jedoch nur sehr langsam Fortschritte. Den Foltervorwürfen gegen Verantwortliche bei US-Behörden wurde bis heute nicht nachgegangen.
GUANTÁNAMO SCHLIEßEN – FOLTER VERURTEILEN!
Augenblicklich befinden sich noch 39 Personen auf dem ehemaligen Militärstützpunkt auf Kuba (Stand: Dezember 2021). 13 davon sind eigentlich zur Freilassung vorgesehen, doch bisher sind keine konkreten Pläne der US-Regierung bekannt, wie die Freilassung umgesetzt werden soll. 14 weitere Gefangene wurden von der US- Regierung als „gefährlich“ eingestuft, es existieren jedoch keine gerichtlich verwertbaren Beweise für diese Gefahr. Für sie ist eine Haft auf Lebenszeit vorgesehen – ohne Urteil. Für zehn weitere sind Anklagen vor Militärkommissionen in Guantánamo anhängig, zwei Gefangene wurden von Militärkommissionen verurteilt. Im Oktober 2021 wurde einem Gefangenen erstmals überhaupt gestattet, vor einem Gericht öffentlich über die Folter auszusagen, der er in geheimen Haftzentren der CIA ausgesetzt war.
AMNESTY INTERNATIONAL fordert die US-Regierung auf, alle Gefangenen entweder in einem fairen rechtsstaatlichen Verfahren vor zivilen Gerichten anzuklagen oder sie unverzüglich freizulassen. Die Verfahren vor den Militärkommissionen entsprechen in keinem Fall den internationalen Standards für ein faires und unabhängiges Gerichtsverfahren und müssen sofort beendet werden. Personen, die gefoltert oder Folter angeordnet haben, müssen dafür gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden.